Kreuz und quer durchs Banglaland.
Warum Bangladesch? Um zu verstehen, hier mein Reisebericht... Am ersten Abend nach meiner Ankunft wurde ich herzlich von meiner Gastfamilie in der „Farazi Manzil“ in Empfang genommen und mit einem köstlichen Essen begrüßt. Am Folgetag zeigte mir Eakram die Innenstadt Dhakas, mit ihren vielen Einkaufspassagen, Traffic Jams und Menschen in einer Anzahl wie ich sie vorher noch nicht kannte. Aber auch kulturell gab es viel zu entdecken wie die Star Moschee, Pink Palace, Hindu Street und Lalbagh Fort in Old Dhaka um nur einiges zu nennen. Eine Bootsfahrt auf dem Buriganga ab Sadarghat ist ein „Muss“. Die ersten beiden Tage gingen so vorbei und wir machten uns Gedanken welche weiteren Orte und Sehenswürdigkeiten wir uns anschauen wollten…
Sonargaon, ein Tagestrip voller Kultur und Abenteuer! In den vielen kleinen Dörfern gibt es etliche Bauten aus der britischen Kolonialzeit mit ihren verwilderten Gärten, versteckte Tempel und Moscheen zu sehen. Eine Tour die für mich Bangladesch so widergespiegelt hat wie ich es mir immer vorgestellt habe: ländlich, kulturell, abenteuerlich, voll freundlicher Menschen die mir ständig interessiert zugelächelt haben. Der Besuch des National Martyrs‘ Monument in Savar, welches den Opfern des Unabhängigkeitskampfes von 1971 gewidmet ist, stand als Kontrastpunkt ebenso auf meiner Reiseliste.
Nach den ersten Tagen und Erlebnissen in der Hauptstadt begann unsere Reise quer durch das Land. Als erstes Ziel stand der Sundarbans auf dem Programm. Ich hatte bereits viel über den größten Mangrovenwald der Erde erfahren, übersetzt bedeutet Sundarbans übrigens „schöner Wald“. Wir starteten also von Dhaka aus mit dem Minibus nach Mongla, von dort aus ging es dann mit dem Flussschiff weiter raus ins größte Flussdelta der Welt, Richtung Bengalische Bucht. 4 Tage mit entsprechenden Tagestouren direkt in die Seitenarme und Tiefen der Sundarbans. Als wir dort ankamen verstand ich wovon Holger so schwärmte, ein Ort der Stille und Ruhe abseits des tosenden Lärms der Städte. Einfach wunderschön in seiner wilden, natürlichen Art.
Wieder fester Boden unter den Füßen! Als nächstes Ziel stand Bagerhat (die Stadt der Moscheen) auf dem Programm. Dort, unweit von Mongla, befindet sich u.a. die Shait Gumbad Moschee. Als imposanteste und traditionellste Moschee des Landes (auch bekannt als 60-Kuppel-Moschee) ist diese Teil des Weltkulturerbes. In unmittelbarer Nähe der Moschee befindet sich die Bibi Begni's Moschee die wir ebenfalls besichtigten. Nachdem wir die wichtigsten Moscheen gesehen hatten gab es da immer noch etliche Tempel die nur 2 Kilometer entfernt waren. So zum Beispiel der Khan Jahan‘s Tempel, der einzige im Originalzustand übrigens. Ein wichtiger Pilger-Ort ist die Daragh Moschee, sehr farbenprächtig im Vergleich zu den üblichen Moscheen des Landes.
Weiter nach Jessore, was aber nicht das Hauptziel sein sollte! In Jessore entschieden wir uns für das Banchte Shekha, ein Hotel bzw. Projekt welches ausschließlich von Frauen geführt wird und sich für Gesundheit, Bildung und Schutz von Kindern und Frauen in Bangladesch einsetzt und sämtliche Einnahmen darauf verwendet. Aber unser eigentliches Hauptziel war Narail, der einzige Platz auf Erden wo man sehen kann wie trainierte Otter den ansässigen Fischern helfen die vielen kleinen Fische in die Netze zu treiben. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art, soviel steht fest…
Auf dem Weg nach Rajshahi weitere kleine Zwischenstopps wie in Kushtia, das Haus des Philosophen, Malers und Schriftstellers Rabindranath Tagore, welcher 1913 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet worden ist und (für mich ein kleines Highlight unserer Tour) der Schrein von Lalon Shah. Am späten Abend in Rajshahi angekommen, Überraschung! Ein Hotel mit warmem Wasser! Dies war auch dringend notwendig (mein letztes Bad: in den Sundarbans direkt in der Bengalischen Bucht). Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Paharpur, wo sich das größte Buddhistische Kloster südlich des Himalayas befindet, was für ein beeindruckender Tagestrip ab Rajshahi! Am Tag darauf unterwegs nach Natore & Puthia.
Puthia ist meine besondere Empfehlung. Frag dort nach Mr. Bishwana, er kann Dir alles über die beeindruckenden Hindi-Tempel erzählen und ist zudem ein überaus lustiger wie auch angenehmer Zeitgenosse, der Dich mit allen Informationen zu jedem einzelnen Tempel versorgen wird. Der Spaßfaktor bei diesem Trip ist mehr als garantiert, Du wirst schon merken was ich damit meine... Für unseren letzten Tag hatten wir uns dann noch ein ganz besonderes Ziel in der Nähe ausgesucht. Mahasthangarh, die älteste bekannte Stadt Bangladeschs in der jedes Jahr (aber im April) das jährliche Pilgerfest der Hindus stattfindet. Highlight hier waren für mich aber nicht die riesigen Befestigungswälle und historischen Artefakte, nein es war der (eher zufällige) Besuch eines Sportfests einer Dorfschule welche sich in unmittelbarer Nähe befindet. Das Interesse welches einem hier entgegen gebracht wird ist einfach nicht mit Worten zu beschreiben. Wieder einmal wurde mir bewusst wie liebenswürdig-freundlich-neugierig die Menschen in Bangladesch sind.
Reise niemals nachts! Im Normalfall sollte man sich besser auch daran halten… aber was ist schon „normal“ in Bangladesch?! Da wir eine Strecke von ca. 400 Kilometern vor uns hatten, brachen wir direkt von Mahasthangarh zu unserem nächsten Ziel, Srimangal, auf. Eine Übernachtfahrt! Nach 15 Stunden auf der Straße, bei so gut wie keiner Sicht (Nebel) und den nicht gerade besten Straßenverhältnissen waren wir am nächsten Morgen (pünktlich zum Frühstück) endlich da. Übrigens, Srimangal wird auch als „Tee-Hauptstadt“ bezeichnet. Hier erfährst Du definitiv alles über Tee und das inmitten einer malerischen Landschaft aus Teegärten, Zitronenhainen und Ananas-Plantagen. Meine Empfehlung: unbedingt einen 5 oder 7 Lagen-Tee probieren! Nur 8 Kilometer von Srimangal befindet sich der Lawachara National Park. Regenwald pur! Wer also auf Flora, Fauna und abseits lebende Stämme steht ist hier bestens aufgehoben. Mein Aufenthalt in der Tee-Hauptstadt Srimangal neigte sich dem Ende zu, Zeit für unsere Rückreise nach Dhaka mit dem Zug. Auf jeden Fall eine Erfahrung die Du unbedingt machen solltest! Interessante Menschen, sogar den ersten Touristen seit dem Sundarbans. Nach ca. 5 Stunden im Zug erreichten wir Dhaka und ich freute mich wieder "zu Hause" zu sein. Die letzten beiden Tage verbrachte ich ausschließlich in Dhaka. An meinem letzten Tag wurde ich noch zu einer Hochzeit in der Nachbarschaft eingeladen. Hochzeiten wie wir sie kennen findest Du in Bangladesch nicht, aber das wirst Du schon selbst merken, wenn Du an so einem Event teilnimmst, ich kann Dir nur dazu raten!
Abschied ist eine Sache die nicht leicht fällt erst recht nicht nach einer so schönen Zeit, zusammen mit so freundlichen und liebevollen Menschen. Bereits Tage vor meiner Abreise machte sich ein Gefühl der Traurigkeit in mir breit und natürlich fiel es mir nicht leicht „Bis bald!“ zu sagen. Bevor mich meine Gastfamilie zum Flughafen brachte haben mich alle herzlichst verabschiedet, mir alles Gute gewünscht und mich bereits auf ein Wiedersehen eingeladen… Eakram, wich erst von meiner Seite, nachdem es klar war das ich sicher und ohne Probleme in meinem Flieger saß. Und das Mobiltelefon was ich zur Sicherheit gleich zu Beginn der Reise bekam, war eine Klasse-Maßnahme! Nicht im dichtesten Großstadtgewimmel, nicht im tiefsten Dschungel verlor ich den Kontakt zu „meinen Leuten“ von The Lonesome Traveler.
Was bleibt? Ich habe ein wunderbares Land mit all seinen Problemen, und Menschen so sehr in mein Herz geschlossen das ich einerseits mit einem weinenden Auge, aber auch mit einem lachenden Auge, Bangladesch verlassen habe. Lachendes Auge? Ich freue mich auf meine nächste Reise, auf ein neues Kapitel Bangladesch, auf meine Freunde & Gastfamilie und ein wundervolles Land mit noch wundervolleren Menschen... Danke für Alles!
Robert (im Januar 2011)