Lord Northbrook, Dhakas High Society & Rabindranath Tagore.
Im Jahre 1874 stand Dhaka ein prestigeträchtiger Besuch bevor: Thomas George Baring, 1. Earl of Northbrook, Knight Grand Commander des Most Exalted Order of the Star of India (Ritterorden, Gründung 1861 von Königin Victoria), Mitglied des Her Majesty‘s Most Honourable Privy Council (königlicher Kronrat bzw. Geheimrat), Mitglied der Royal Society (die am 14. August 1880 durch den britischen Polarforscher Benjamin Leigh Smith auf dessen vierter Polarfahrt entdeckte Insel im Franz-Josef-Land im Arktischen Ozean wurde nach ihm benannt, das Northbrook-Island), Mitglied des House of Lords und Generalgouverneur und Vizekönig von Indien, kurz: Lord Northbrook. Um an diesen hohen Besuch zu erinnern, spendierte die Oberschicht von Dhaka der Stadt ein dem Ereignis angemessenes Bauwerk. Ein neues Rathaus sollte es sein welches auch den Namen des hohen Besuchers tragen sollte, die Northbrook Hall. Das Bauwerk wurde mit viel Pomp 1880 eingeweiht, zwei Jahre später wurde an der Südseite ein Klubhaus errichtet, die Johnson Hall. Damals hatte man von beiden Gebäuden aus freie Sicht auf den Buriganga. Die Johnson Hall fungierte als Northbrook Public Library auch als öffentliche Bibliothek, die recht schnell für ihre literarische Sammlung (15.000 Bücher) bekannt wurde. Am 7. Februar 1926 ehrte die literarische Gemeinde Dhakas hier den Nobelpreisträger Rabindranath Tagore.
Wie viele Gebäude dieser Zeit wurde auch dieses im Indo-Sarazenischen Stil, einem Mix von maurischen und europäischen (Renaissance) Architekturmerkmalen, erbaut. Der große Haupteingang wie auch die vier Minarette auf der Nordseite wurden ebenso im Mogul bzw. maurischen Stil gestaltet, wie die Zinnen, Zierbrüstung und die Zierkuppeln. Merkmale europäischer Renaissance finden sich bei den Verzierungen der Fenster, Türen und Wände. Ab 1950 wurde die Northbrook Hall als Telegrammbüro und später als College für Frauen genutzt.
In den heutigen Tagen wird das denkmalgeschützte Gebäude von ordinären Zweckbauten flankiert ja fast erdrückt und ein hässlicher, funktionsloser Pentagrammbrunnen ruiniert den Blick auf den Haupteingang im Norden. Der substanzielle Zustand der Northbrook Hall selbst ist vergleichsweise gut, zumindest im Vergleich zur Johnson Hall bzw. der Northbrook Public Library, die sich leider in einem sehr desolaten Zustand präsentiert. Wie so oft zeigen die zuständigen Behörden (Department of Archaeology) hier leider kaum Interesse, vielmehr scheint die Bibliothek sich selbst überlassen und das inklusive der Bücher.